AML und allogene Stammzelltransplantation
Erfahrungsbericht einer an AML (Untertyp AML - FAB M4) erkrankten Patientin
(Januar 2007 im Alter von 67 Jahren, zuletzt aktualisiert am 02.12.2016)
Ich heiße Doris Weber, wohne in Bocholt, NRW und bin 67 Jahre alt.
Im Oktober 2004 war ich mit meinem Mann an der Mosel mit dem Wohnmobil und machten Urlaub. Dort bemerkte ich, dass ich Bläschen im Mund hatte und glaubte, es komme von nicht sauber abgewaschenen Weintrauben. Aber zu Hause angekommen, ging es mir immer schlechter. Arztbesuch, Blutkontrolle, Antibiotika geschluckt, aber es ging nicht besser.
Einweisung ins Krankenhaus. Am 02.11.2004 bekam ich dann die Diagnose, Leukämie. Am 03.11.2004 schon Überführung zur Uniklinik nach Essen. Nach der Knochenmarkdiagnostik stelle man dann fest, AML, also Akute myelomonozytäre Leukämie FAB M4. Dann folgten Chemos, die ich mehr oder weniger gut vertrug.
Eine akute Lungenentzündung kam auch noch dazu mit hohem Fieber, so dass es zuerst nicht sehr gut aussah.
Es zog sich alles 5 Monate hin, so dass ich am 1. April 2005 aus der Klinik entlassen werden konnte. Mir ging es in den Monaten danach wunderbar. Wir fuhren wieder mit dem Wohnmobil, unter anderem auch im Oktober 2005 nach Marokko. Wir wollten bis kurz vor Weihnachten unterwegs bleiben. Diese Reise war auch abgesprochen mit den Ärzten in Essen, wohin ich immer wieder zur Kontrolle musste.
Aber im nachhinein würde ich sagen, dass diese Reise zu früh war. Mein Mann und auch ich wurden in Marokko krank und mussten die Reise abbrechen. Am 25.11. 2005 wurde mein Mann nach einem kleinen Schlaganfall vom ADAC von Agadir aus nach Hause geflogen. Ein Schwiegersohn kam nach Agadir geflogen und wir fuhren dann das Wohnmobil nach Hause. Unterwegs ging es mir immer schlechter, ich konnte mich kaum noch bewegen und hatte sehr große Schmerzen. Ich hatte mir das rheumatische Fieber, Streptokokken, dort geholt und war dann vom 5. bis 22. Dezember 2005 wieder in der Klinik in Essen, weil befürchtet wurde, die Leukämie wäre wieder ausgebrochen. War jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Im Januar-Februar 2006 kam noch eine schwere Grippe dazu, was dann wohl zu viel für meinen Körper gewesen sein muss. Bei einer Blutkontrolle in März in Essen, stellte man dann eine erneute Erkrankung fest. Nun begann die Prozedur "Chemo" von vorn. Dann kam die Stammzellenübertragung zur Sprache. Nach eingehenden Informationen und Gespräch mit Prof. Dr. med. Beelen, willigte ich ein. Eine andere Chance gab es für mich ja nicht.
Meine Geschwister waren für eine Transplantation nicht geeignet und so wurde ein Fremdspender gesucht. Nach ca. 6 Wochen hatte man eine Spenderin gefunden.
Am 4. Juli 2006 erfolgte dann die allogene periphere Blutstammzelltranspantatiom, die ganz problemlos verlief.
Nach ca. 10 Tagen stellte sich eine GvHD typische Reaktion ein, die mit großen Schmerzen verbunden war, aber unter Morphium überstand ich diese Phase auch. Nach 5 Wochen Isolation wurde ich aus der Klinik entlassen.
Mir geht es heute wunderbar, meine Blutwerte sind normal. Die üblichen Verhaltensmaßregeln muss ich immer noch, auch noch 185 Tage nach der KMT, beachten, was mir aber nicht schwer fällt. Ich wollte hiermit nur sagen, dass man auch im gesetztem Alter von 67 Jahren eine KMT gut überstehen kann. Geholfen hat mir natürlich meine gute Kondition, habe bis zum Schluss immer sehr viel Sport getrieben, wie Segeln, Inlineskaten, Radfahren, Nordic Wolking, Bergsteigen, im Winter Skifahren usw. und einen soliden Lebenswandel geführt, nie geraucht oder getrunken. Es hat mich zwar nicht vor diese bösartige Krankheit bewahrt, aber hat für ein gutes Durchkommen durch die KMT gesorgt.
Nun hoffe ich dass ich weiter so gute Fortschritte mache und noch ein paar Jahren mit der Familie zusammen sein kann.
Doris Weber
Nachtrag (08.12.2010)
Als ich den ersten Bericht geschrieben habe, waren gerade mal 185 Tage nach der KMT vergangen. Heute kann ich sagen, dass genau 1618 wunderschöne Tage nach der KMT hinter mir liegen. Es war manchmal nicht ganz einfach, auch schlechte Tage waren dabei, aber die Heilung ging stetig weiter voran. Meine Kontrolluntersuchungen in der Uni Essen sind auf einmal im Jahr geschmolzen, was will man mehr.
Mein Mann und ich sind wieder viel mit dem Wohnmobil unterwegs und ich genieße das Leben jetzt viel intensiver und freue mich über jede Kleinigkeit. Geburtstage werden zweimal im Jahr gefeiert, am 4 Juli hatte ich meinen 4. Geburtstag und ein paar Monate später konnte ich meinen 71. feiern. Und dass dieses alles möglich ist, habe ich meiner Spenderin, Tanja, zu verdanken. Am 9. April 2009 war es endlich so weit. Mein Mann und ich fuhren nach Worms und trafen dort eine junge Mutter von 26 Jahren. Wir brachten die ehemaligen Babymöbel unseres jetzt mittlerweile 11 jährigen Enkels als Geschenk mit, was sie sehr gut gebrauchen konnte. So konnten wir eine Kleinigkeit zurückgeben für das, was sie für mich getan hat, mir ein zweites Leben geschenkt. Das ZDF, Herr Spors und Frau Henkel von der DKMS, begleiteten uns damals und die Aufnahmen wurden später im Rahmen einer Fernsehsendung, über die Arbeit der DKMS, gesendet.
Doris Weber
Nachtrag (22.12.2013)
Meine Stammzellen Übertragung, (KMT) und gleichzeitig Beginn meines zweiten Lebens sind jetzt genau 7 Jahre und 170 Tage her. Mir geht es sehr gut und genieße weiterhin mit meinem Mann und dem Wohnmobil das Leben. Mit meiner Spenderin habe ich weiterhin Kontakt, was mir sehr viel bedeutet.
Vielleicht ist unsere Tochter demnächst als Stammzellen Spenderin geeignet. Es würde mich riesig freuen, wenn ein Mitglied meiner Familie etwas zurück geben kann, was mir mal gegeben wurde - ein zweites wunderbares Leben.
Doris Weber
Nachtrag (05.12.2014)
Vor einem Jahr schrieb ich, dass es mir gut geht und das Neue Leben mit meinem Mann und dem Wohnmobil genieße. Ich kann berichten, dass wir immer noch viel mit dem Wohnmobil unterwegs sind. Erst vor ein paar Wochen sind wir von einer 8 wöchigen Tour durch Rumänien zurückgekommen. Mir geht es gesundheitlich sehr gut, mache weiterhin viel Sport und fühle mich ausgezeichnet.
Doris Weber
Nachtrag (14.12.2015)
Schon wieder ist ein Jahr vergangen und ich bin glücklich, dass ich - genau wie im letzten Jahr - schreiben kann: "mir geht es gut!" Auch in diesem Jahr waren wir mit dem Wohnmobil unterwegs. Wir haben eine 10 wöchige Rundreise durch Frankreich, Spanien und Portugal gemacht. Es war wunderschön.
Gerade während unserer Reisen, aber auch zuhause, wenn ich etwas Wunderbares erlebt habe, kommen die Gedanken, wie „beinahe hättest du dieses nicht mehr erleben können“. Dann kann ich nicht fassen, welches Glück ich doch hatte. Dass ich weiterleben durfte. Dafür bin ich den Ärzten und auch meiner Spenderin sehr dankbar. Auch meiner Familie bin ich sehr dankbar, denn ohne ihre Führsorge wäre alles nicht so gut gelaufen.
Leider haben nicht alle Leukämie-Patienten so viel Glück wie ich. Durch meinen Artikel hier bei Leukämie-Phoenix bekomme ich oft Nachrichten von und über andere(n) Patienten, bei denen es nicht immer so gut läuft. Und manche schaffen es leider nicht. Es schmerzt mich immer sehr, wenn ich von Patienten höre, bei denen die Krankheit kein gutes Ende genommen hat.
Ich appelliere deshalb an alle möglichen Spender sich typisieren zu lassen, damit noch viel mehr Leukämiekranke geheilt werden können und noch viele wunderschöne, geschenkte Jahre mit der Familie erleben dürfen. So wie ich.
Doris Weber
Nachtrag (02.12.2016)
In diesem Jahr am 4.Juli 2016 jährte sich zum 10. mal bei mir die KMT. Den 4 Juli habe ich in den letzten Jahren auch als Geburtstag gesehen,
daher feierte ich 2x pro Jahr Geburtstag.
In diesem Jahr hatten meine Töchter, ohne meines Wissen, eine große Überraschung geplant. Sie haben meinen Mann und mich zum Essen eingeladen,
um meinen 10. Geburtstag zu feiern. Hatten aber dazu auch heimlich all unsere Freunde und Verwandte eingeladen. Als ich mit unserer Familie, 9 Personen
ins Restaurant ankam, saßen dort an einem langen Tisch schon unsere Freunde, 18 Personen. Ich konnte nicht glauben was ich da sah und war sprachlos.
Einige legten bis zu 800 Km zurück, um an dieser Geburtstagsfeier teilnehmen zu können.
Wer wollte und konnte, sollte ein paar Zeilen schreiben oder z.B. eine kleine Geschichte erzählen über Abenteuer, Urlaube oder Episoden, die wir
gemeinsam erlebt haben. So wurden viele schöne Geschichten vorgelesen und erzählt, es wurde viel gelacht.
Das Essen mit 27 Personen zog sich ein paar Stunden hin und es wurde ein wunderschöner und unvergesslicher Tag.
Noch heute denke ich oft an diesen Tag zurück und bin meiner Familie unheimlich dankbar diese wunderbare Idee gehabt zu haben.
Gesundheitlich geht es mir wunderbar und wir sind wie immer viel mit dem Wohnmobil unterwegs. Bisher fuhren wir im Winter oft zum Skifahren in die Berge,
aber dieses mal soll es für 3 bis 4 Monate nach Spanien gehen, um dort den Deutschen Winter zu entgehen.
Doris Weber
Vielen Dank für den Bericht an
Doris Weber