"Klinik für Tumorbiologie" in Freiburg (KTB)
Teilnahme an einer Reha-Maßnahme für Patienten in der Spätphase nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation
von Holger Bassarek (im Alter von 36 J.)
Im Mai 1998 wurde ich nach einer ALL allogen transplantiert. In der Folge wurde im Februar 1999 eine Anschlussheilbehandlung (AHB) durchgeführt, nach der ich wieder in meinen Beruf einstieg.
Die "Klinik für Tumorbiologie" in Freiburg (KTB), in die ich zur AHB ging, hat sich unter anderem auf Patienten nach einer Knochenmark-/Blutstammzelltransplantation spezialisiert.
Eine solche Spezialisierung, die es in deutschen Rehakliniken nicht sehr oft gibt, ist notwendig, da Probleme von Knochenmark-/Blutstammzelltransplantierten weit über diejenigen von "normalen" Krebserkrankten hinausgehen bzw. anders gelagert sind.
Im Juli 2002 nahm ich an einer Rehabilitationsmaßnahme in derselben Klinik teil.
Zu diesem Zeitpunkt, inzwischen 4 Jahre nach Transplantation, stellte ich fest, dass das Angebot der Klinik meinen Ansprüchen nicht mehr ganz gerecht wurde.
Nach Überwindung der "Akutphase" rückten körperliche Probleme, obwohl immer noch vorhanden, langsam in den Hintergrund.
Dafür traten andere Bereiche in den Vordergrund.
Dazu gehören soziale und psychologische Problematiken, wie sie der Beruf, die Familie und der Freundeskreis mit sich bringen.
Auch die Krankheitsbewältigung und die (fehlende) Einsicht, nie wieder "der Alte" zu sein, können zu erheblichen Problemen führen.
Bedingt durch den Abstand zur Transplantation gewinnt auch der Umgang mit ggf. auftretenden Langzeitnebenwirkungen eine größere Bedeutung.
Alle diese Punkte können natürlich in einer Klinik, die sich hauptsächlich mit relativ frisch Transplantierten beschäftigt, nicht befriedigend aufgegriffen werden.
Meine "Kritikpunkte" äußerte ich im Abschlussgespräch.
Ein Jahr später war ich froh zu hören, dass die Klinik für Tumorbiologie nun versuchsweise eine Rehabilitationsmaßnahme für eine Gruppe von Patienten in der Spätphase nach Blutstammzelltransplantation anbieten würde - meines Wissens überhaupt das erste Mal in Deutschland.
Wie man sich vorstellen kann, bedeutete das für die Klinik einen nicht unerheblichen organisatorischen Aufwand.
Der Patienten-Pool aus dem "geschöpft" werden kann, ist vergleichsweise klein. Kostenträger müssen "mitspielen". Spezielle Gruppenangebote für einen begrenzten Zeitraum müssen geplant werden.
Alle diese Anforderungen konnten unter einen Hut gebracht werden und so konnte ich vom 16. September - 7. Oktober 2003 an dieser speziellen Rehamaßnahme gemeinsam mit 10 weiteren "Langzeittransplantierten" teilnehmen.
Im Folgenden möchte ich aus meiner Sicht den Ablauf der Maßnahme beschreiben.
Außer den "herkömmlichen" Anwendungen, die ich hier nicht näher erläutern möchte, gab es für die Gruppe spezielle Angebote.
So fanden z.B. täglich Gruppengespräche zu relevanten Themen in Anwesenheit eines "Experten" statt.
Es gab Gespräche zu Sozialfragen (z.B. Beruf, Familie), Ernährung, Sport, Spätfolgen (z.B. in Bezug auf Augen und Zähne), Sexualität, etc.
Außerdem wurde für die Gruppe ein spezielles körperliches Training angeboten.
Ein "Highlight" der Rehamaßnahme war sicherlich ein Familienwochenende, an dem es Gesprächsgruppen mit Familienangehörigen und Paargespräche gab.
Hier gab es den einen oder anderen "Aha"-Effekt.
Der "gesellige" Teil, der von der Gruppe selber spontan organisiert wurde, darf hierbei nicht unterschätzt werden, da der Erfahrungsaustausch der Familien in ungezwungener Atmosphäre sehr ergiebig war.
Der Austausch zwischen den Gruppenteilnehmern wurde selbstverständlich nicht nur am Familienwochenende gepflegt.
Natürlich war die Rehamaßnahme nicht perfekt. Sie konnte es alleine schon deswegen nicht sein, da sie zum ersten Mal stattfand und die Klinik selber noch Erfahrungen sammelt.
Aus meiner Sicht sollten folgende Punkte bei zukünftigen Rehamaßnahmen dieser Art berücksichtigt werden:
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Wie erwähnt, war das Familienwochenende ein "Highlight". Diese sinnvolle Idee sollte besser genutzt werden. Die zur Verfügung stehende Zeit sollte mit mehr "Inhalt", wie beispielsweise Gruppengesprächen, gefüllt werden. Auch sollte der gesellige Teil nicht zu kurz kommen, sondern eher einen größeren Anteil einnehmen, da der Erfahrungsaustausch in ungezwungener Atmosphäre oft besser funktioniert, als in moderierter Form.
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Einige Themengebiete sollten zusätzlich aufgenommen werden. Gut wäre z.B. eine Gesprächsrunde zum Thema "Kinder nach KMT" in Anwesenheit eines Reproduktionsmediziners. Viele Langzeittransplantierte hegen noch einen Kinderwunsch, dessen Erfüllung oft schwierig und manchmal unmöglich ist.
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Wichtig wäre auch ein Überdenken der Auswahl der Gruppenteilnehmer. In der Maßnahme lag die Bandbreite des zeitlichen Abstandes zur Transplantation zwischen knapp einem Jahr und 6 ½ Jahren – und war somit sehr groß. In diesem Zeitraum ändern sich die Bedürfnisse an eine Rehamaßnahme meiner Meinung nach noch gravierend. Bei den "frischer" Transplantierten standen teilweise noch ganz erhebliche körperliche Probleme im Vordergrund. Hier kann nur ein Auswahl-Kriterium Sinn machen, bei dem nicht der rein zeitliche Abstand zur KMT das vorrangige Entscheidungskriterium ist. Vielmehr sollte berücksichtigt werden, wie weit der potentielle Teilnehmer seine akuten körperlichen Probleme nach KMT überwunden hat.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass eine Rehamaßnahme für Patienten in der Spätphase nach Blutstammzelltransplantation mehr als sinnvoll ist. Diese Gruppe, die die "Akutphase" mit gravierenden körperlichen Problemen hinter sich gelassen hat und sich wegen Spätfolgen eher mit sozialen und beruflichen Schwierigkeiten auseinandersetzt, wird immer größer. Es kann nur sinnvoll sein, diesen Menschen durch unterstützende Maßnahmen wieder ein nahezu normales, erfülltes Familien- und Berufsleben zu ermöglichen. Mein Dank gilt den Organisatoren dieser ersten Rehabilitationsmaßnahme für Patienten in der Spätphase nach Blutstammzelltransplantation. Ich hoffe, dass es noch viele weitere Maßnahmen dieser Art geben wird.
Holger Bassarek
(22. Oktober 2003)
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